Das poli­tis­che Sys­tem der oft patri­ar­chal geprägten kap­i­tal­is­tis­chen Demokra­tien ist schon lange am Ende. Die neolib­erale Umgestal­tung dieser Gesellschaften erset­zt deren demokratis­che Ele­mente durch die zunehmende Mach­tausübung ein­er glob­alen, kap­i­tal­is­tis­chen Oli­garchie. Die Reichen wer­den reich­er und mächtiger, die Armen ärmer und poli­tisch ein­flus­slos­er. Inzwis­chen ist die demokratis­che und rechtsstaatliche Fas­sade gefall­en. Die fak­tis­chen Machtzen­tren agieren unver­hohlen autoritär, eine kaum noch zu kaschierende Dik­tatur zeich­net sich ab. Dass eine sta­tis­tisch nur begren­zt sig­nifikante Atemwegserkrankung Ursache dieser mas­siv­en weltweit­en Umwälzun­gen ist, scheint äußerst unwahrscheinlich.

Heute kann kein endgültiges Urteil über die vor unseren Augen sich abspie­len­den Prozesse gefällt wer­den. Die Tat­sache, dass beina­he alle Län­der dieser Erde frei­willig oder gezwun­gener­maßen mit­machen, schließt etwa ein Staatsver­sagen als Erk­lärung weitest­ge­hend aus, obwohl, was nur vorder­gründig para­dox ist, offen­sichtlich ein mas­sives Staatsver­sagen wie ein Ver­sagen ratio­naler gesellschaftlich­er Urteils- und Entschei­dungs­find­ung vorliegt.

Ohne eine fundierte Analyse ökonomis­ch­er und gesellschaftlich­er Hin­ter­gründe wird eine Linke keine poli­tis­che Hand­lungs­fähigkeit zurück­gewin­nen kön­nen. Unklar hinge­gen ist noch, ob wir eine Krise erleben, in der durch enorme „schöpferische Zer­störung“ – ver­gle­ich­bar mit einem Krieg – eine neue lange Welle mit expan­siv­er Ten­denz zum Durch­bruch gelangt oder ob der Kap­i­tal­is­mus durch das Gesetz vom ten­den­ziellen Fall der Prof­i­trate seine imma­nente Gren­ze erre­icht hat, die wom­öglich das Ende des Lohn­ab­hängigkeitsver­hält­niss­es markiert und neo­feu­dale oder gar neosklavis­che Abhängigkeitsstruk­turen her­vor­bringt, die in Ansätzen schon zu erah­nen wie res­o­lut zu bekämpfen sind.

Warum die Linke ver­sagt hat, kann vor­erst dahin­ste­hen. In Anbe­tra­cht der katas­trophalen Fol­gen dieses glob­alen, so nie gese­henen, Staat­stre­ich­es für fast die gesamte Men­schheit auf ökonomis­ch­er, sozialer, psy­chis­ch­er und gesund­heitlich­er Ebene ste­ht es völ­lig außer Frage, dass es eine grundle­gende Erneuerung der Linken braucht, die die soziale, ökol­o­gis­che wie die Frage nach dem Frieden als wesentliche Ele­mente des Frei­heit­skampfes stellt und beantwortet.

Forderun­gen an „die Poli­tik“ muss die Linke zwar weit­er­hin stellen, indem sie von den Herrschen­den die Ein­hal­tung ihres selb­st­ge­set­zten Rah­mens, der Bürg­er- und Men­schen­rechte ein­fordert. Darüber hin­aus müssen wir unsere Kräfte sam­meln und eine Gegen­macht organ­isieren, um selb­st die lange über­fäl­lige Trans­for­ma­tion hin zu ein­er freien, gerecht­en, friedlichen, sozialen und ökol­o­gisch nach­halti­gen Gesellschaft in Eigen­ver­ant­wor­tung und Selb­st­bes­tim­mung zu gestal­ten. Dazu muss sie sich von Grund auf hin­ter­fra­gen und den kolos­salen Man­gel an empirisch gestützter The­o­rie wie den noch bit­teren Ver­lust an poli­tis­ch­er Glaub­würdigkeit und Organ­isiertheit über­winden, um sich über­haupt in den Stand der poli­tis­chen Ermäch­ti­gung zu set­zen. Vor allem aber muss sie dies mit und durch die Bevölkerung tun – nie gegen sie. Da dies nicht im Han­dum­drehen geschehen wird, sind dazu weit­ere Über­legun­gen anzustellen und Struk­turen aufzubauen, die diese Prozesse unter­stützen. Die heutige Kon­ferenz war dazu nur ein erster Schritt.

Unab­d­ing­bar ist das Inter­ve­nieren mit linken Posi­tio­nen und real­is­tis­chen Lösungsan­sätzen in die Massen­proteste gegen die unter­drück­erischen und tyran­nis­chen Regime – auch um der realen Gefahr vorzubeu­gen, dass rechte Dem­a­gogen mit ihren verkürzten Analy­sen und ihrer het­zerischen Rhetorik die Unzufrieden­heit zur Stützung eines obso­leten Wirtschaftssys­tems unter ihrer Herrschaft mit Unter­stützung der Kap­i­tal­frak­tion kanalisieren.

So tief die Krise der Linken auch ist, so unleug­bar ist, dass sie gebraucht wird. Sie wurde und wird ver­misst. Die Men­schen warten auf eine starke, glaub­würdi­ge und volk­sna­he Linke. Um den darnieder gewor­fe­nen Men­schen wieder zu ihrem Men­schen­recht, Frei­heit, geisti­gen und sozialen Höhen zu ver­helfen, muss die Linke als Gle­iche unter Gle­ichen mit den Men­schen für ihre Befreiung kämpfen, ihre Anliegen ver­ste­hen, ihre Sprache sprechen, mit ihnen ver­schmelzen und gemein­sam zu ein­er Kraft wach­sen, die das Joch jeglich­er Unter­drück­ung und ihrer Ursachen abzuw­er­fen im Stande ist.