von Jean-Marie Jacoby
Das Stromnetz, das unbekannte Wesen – Teil 3
Damit jederzeit Strom aus der Steckdose kommt, braucht es ein stabiles Stromnetz. Die eingespeiste Strommenge muß nicht nur gleich groß oder klein sein wie die Abnahme, es muß auch die Frequenz von 50,0 Hertz (abgekürzt Hz) eingehalten werden. Dabei dürfen die Abweichungen idealerweise nicht mehr als 0,15 Hz nach oben und nach unten auspendeln. Wenn‘s über 0,2 Hz hinausgeht, wird‘s problematisch.
Es braucht also nicht nur eine regelbare Einspeisung, es braucht auch Taktgeber, an der sich die anderen orientieren. Das ist ganz besonders wichtig für Windturbinen und Photovoltaik-Anlagen, die über Wechselrichter einspeisen mit der Netzfrequenz, die gerade herrscht. Wobei diese Anlagen zudem auch nicht regelbar sind – sie sind von den Wetterverhältnissen abhängig und können höchstens abgeschaltet werden bei einem Stromüberangebot.
Wie wir in den Artikel zuvor zum Thema ausgeführt haben, schalten diese Wechselrichter bei 50,2 Hz ab und sind, da sie die jeweils aktuelle Frequenz abfragen, bei einem Netzzusammenbruch nicht in der Lage, etwas zu einem Neustart eines zusammengebrochenen Netzes – das folglich bei 0 Hz angekommen ist – beizutragen.
Diese Einspeiser sind somit auch als Taktgeber nicht zu gebrauchen. In den wenigsten Länder können Wasserlaufkraftwerke an großen Flüssen diese Aufgabe übernehmen. In der BRD, wo Luxemburg dranhängt, geht es nicht. Werden die fossilen Kraftwerke der Reihe nach abgeschaltet, fallen die Taktgeber aus. Wenn nicht vor deren Abschaltung für Ersatz gesorgt wurde, bleibt es dunkel nach dem ersten Blackout, weil dann die Voraussetzung der Taktgeber für den Neustart fehlt. Aktuell dienen Atom- und Braunkohlekraftwerke in der BRD als Taktgeber und Grundlastkraftwerke, da sie nicht regelbar sind und folglich entweder mit voller Kraft oder gar nicht fahren.
Alternative muß vorher stehen!
Nun ist es nicht so als gäbe es keine nicht fossile Alternative als Taktgeber. Leider aber übersehen die Regierenden aktuell dieses Problem und gehen es daher nicht an. Das kann nur schief gehen. Wir müssen hoffen, daß dies hier dazu beiträgt, ihnen das Problem klarzulegen, damit sie nicht mehr erzählen, an einer Wasserstoffstragie für nach 2050 zu arbeiten. Denn das ist ja das Datum, an dem das letzte Kraftwerk mit fossilem Brennstoff stillgelegt werden soll.
Es gibt aber keinen anderen Energieträger als Wasserstoff, der sich einsetzen ließe sowohl als Taktgeber als auch als variabler Nachfrageausgleicher. Brennstoffzellen sind in jeder beliebe Größe aufstellbar, da in Serie schaltbar. Sie könnten also im Dauerbetrieb als Taktgeber funktionieren für den ganzen Rest und damit auch einen Gutteil der Grundlast übernehmen.
Brennstoffzellen sind aber auch steuerbar für den Lastwechselausgleich im Netz. Sie können damit die Aufgabe übernehmen, die bisher von Steinkohle-Kraftwerken und Gas-Dampf-Turbinen übernommen wurden, die ja auch abgeschaltet werden sollen.
Der Wasserstoff für die Brennzellen läßt sich in der Elektrolyse herstellen mit der Energie, der bei starkem Wind oder bei starker Sonneneinstrahlung über Windturbinen und Photovoltaik-Anlagen produziert wird, wenn der in dem Moment im Netz nicht nachgefragt wird. Das geschieht ohne Erzeugung von Treibhausgasen, was ja das Ziel für 2050 laut offiziell ausgegebener Richtlinien ist.
Damit entfällt folglich auch das Problem, das heute die Strompreise der BRD und folglich auch Luxemburgs belastet, denn bereits bei der heutigen Menge an Windanlagen werden diese immer wieder zur Abschaltung gezwungen, um die Netzstabilität nicht zu gefährden. Dieser nicht erzeugte Strom im Terawattbereich wird aber entprechend der deutschen Gesetzgebung den Betreibern von Windanlagen vergütet und das wird auf den Strompreis umgelegt. Die werte Kundschaft zahlt somit nicht nur für den Strom, den sie verbraucht, sondern auch für Windstrom, der nicht erzeugt werden konnte. Entfällt dieses Problem, weil mit dem Strom dann Wasserstoff erzeugt wird, verbilligt sich der Endkundenpreis.
Es ist folglich äußerst kurzsichtig, immer wieder mit dem Satz aufzutreten – Umweltministerin Dieschbourg tat dies erneut bei ihrer Pressekonferenz zu den Förderungen im Bereich Mobilität ab 1. April – die direkte Stromnutzung aus Wind und Sonne sei effizienter als der Umweg über den Wasserstoff. Das stimmt zwar, löst aber nicht das Problem der Netzstabilität, denn die ist einfach nicht zu haben mit derart unvorhersehbaren Leistungsträgern wie Wind und Sonne.
Wind und Sonne sind aber durchaus so ausbaubar, daß sie genug Strom liefern, um auch die Verluste abzudecken, die in der Elektrolyse und in den Brennstoffzellen bei der Umwandlung unvermeidbar sind. Allerdings sollten sie intelligenterweise auch dort aufgestellt werden, wo die bei deren Betrieb anfallende Wärme genutzt werden kann. Denn mit deren Nutzung steigt die Effizienz.
Es darf also beim Bau solcher Anlagen nicht derselbe Fehler wie bei der Gas- und Dampfturbine der Twinerg in Esch/Raemerich gemacht werden, wo zunächst gar nicht an die Nutzung der Abwärme gedacht war, und dann, o Schreck, festgestellt wurde, daß in direkter Nähe gar nicht genug Abnehmer zu finden waren. Jetzt ist die Anlage abgebaut und es dampft neben dem ursprünglichen Standort eine fossile Sudcal-Anlage als Fernheizwerk. Dumm gelaufen, aber sie ließe sich auf Wasserstoffbetrieb umstellen!
Wasserstoff lässt sich methanisieren zu Methan , was einfacher zu handhaben ist.
energie-lexikon.info/methanisierung.html
Kann man machen, muß man aber nicht, wenn der Wasserstoff in der Brennstoffzelle wieder zu Strom werden soll. Wasserstoff ist vielseitig verwendbarer als Methan und kann in ehemaligen Gas-Pipelines auch transportiert werden.