Ursprünglich war geplant, in einem Demon­stra­tionszug durch die Kas­sel­er Innen­stadt zu ziehen und anschließend eine Kundge­bung auf der Karl­swiese bei der Orangerie durchzuführen. Dabei kön­nten sich die Men­schen auch in den anschließen­den Karl­sauen, einem Park mit großen, alten Bäu­men aufhal­ten, wenn dies wegen Aufla­gen zum Abstand notwendig sein sollte. Ver­anstal­ter waren die Freien Bürg­er Kas­sel, genauer Jan, Ilhan und Sun­ny, die bish­er im lokalen Rah­men zahlre­iche Demon­stra­tio­nen gegen die Coro­na-Zwangs­maß­nah­men organ­isiert haben.

Absicht des Regimes ist es, weit­ere Demon­stra­tio­nen 2021 ganz zu ver­hin­dern und, wenn das nicht möglich ist, diese möglichst kleinzuhal­ten und unsicht­bar zu machen. Dementsprechend wurde die Demon­stra­tion Früh­lingserwachen von der Stadt zunächst ganz ver­boten. Dieses Ver­bot wurde vom Ver­wal­tungs­gericht Kas­sel am 17. März 2021 aufge­hoben, aber vom Ver­wal­tungs­gericht­shof Kas­sel, der höheren Instanz, am 19. März im Wesentlichen wieder einge­set­zt. Die Demon­stra­tion wurde voll­ständig ver­boten. Die Kundge­bung wurde nur auf dem Messegelände Schwa­nen­wiese erlaubt und die Anzahl der Teil­nehmer auf 5.000 beschränkt. Dieses Messegelände liegt im äußeren Stadt­ge­bi­et und ist deut­lich klein­er als die Karl­swiese. Aus Grün­den eines ange­blichen Infek­tion­ss­chutzes machte diese Ver­legung keinen Sinn, denn die Men­schen hät­ten sich auf der Karl­swiese viel bess­er verteilen und die willkür­lich ange­ord­neten Abstände bess­er ein­hal­ten können.

Demo

Ziel des Regimes war es ganz offen­sichtlich das Zusam­menkom­men ein­er großen Anzahl von Men­schen zu ver­hin­dern, um so zu ver­tuschen, wie groß der Unmut gegen die zer­störerischen Coro­na-Zwangs­maß­nah­men tat­säch­lich ist. Dieses Ziel wurde lei­der erre­icht. Mussten die Medi­en noch im August 2020 die Anzahl der Teil­nehmer der Berlin­er Großdemos platt herun­ter­lü­gen, so wird inzwis­chen Vor­sorge getrof­fen, dass sich so viele Men­schen nicht mehr an einem Ort versammeln.

Karl­sauen bei dem ursprünglich geplanten Ver­anstal­tung­sort Karlswiese

Deshalb ist es außeror­dentlich schw­er abzuschätzen, wie viele Men­schen sich tat­säch­lich in Kas­sel aufge­hal­ten haben. Auf dem Messe­platz Schwa­nen­wiese waren es 5.000. Dann wurde das Gelände dicht gemacht. In unmit­tel­bar­er Umge­bung des Platzes wer­den sich weit­ere 1.000 Men­schen aufge­hal­ten haben. Damit kom­men wir auf 6.000.

Eine deut­lich größere Anzahl von Men­schen war allerd­ings auf dem linken Ful­daufer in der Innen­stadt. Gegen 16:00 Uhr war der Friedrich­splatz, der größer ist als die Schwa­nen­wiese, kom­plett voll; eben­so die daran anschließende Trep­pen­straße. Hinzu kom­men weit­ere Straßen. Zusam­men genom­men kön­nen also 20.000 bis 30.000 Men­schen in Kas­sel gewe­sen sein. Allerd­ings waren sie nie gemein­sam an einem Ort. Sog­ar die Polizei geht von 20.000 Men­schen aus. Bei ihrer üblichen Prax­is, die Demoteil­nehmer zu hal­bieren, kommt man auf 40.000 und mehr.

Es gibt auch Stim­men, die ver­muten, dass nochmals deut­lich mehr Men­schen in der Stadt waren und zwar bis zu 12.000 auf der Schwa­nen­wiese und 100.000 insgesamt.

Treffpunkt der FL

Tre­ff­punkt der FL

Die genehmigte Kundge­bung fand, wie gesagt, auf der Schwa­nen­wiese statt. Red­ner waren Rain­er Füllmich, Viviane Fis­ch­er, Beate Bah­n­er, Her­mann Plop­pa und Anselm Lenz. Also sozusagen die pro­fil­iertesten Maß­nah­menkri­tik­er. Es gab eine Gebär­den­dol­metscherin. Immer wieder erschallte der Ruf „Merkel muss weg!“.

Zur gle­ichen Zeit formierte sich ein weitaus größer­er Demon­stra­tionszug, der durch die Kas­sel­er Innen­stadt zog. An ein­er Stelle block­ierte die neolib­erale Antifa die Straße mit Fahrrädern und Baustel­len­ab­sper­rzäunen aus Plas­tik. Sie maßten sich damit staatliche Autorität an. Demon­stran­ten räumten die Absper­rzäune bei­seite und wur­den dann von Polizis­ten unter­stützt, die die Antifas ziem­lich rüde wegschubsten.

Kundge­bung

Demo

Im Anschluss an die Demos und Kundge­bun­gen fand ein klein­er Rave statt.

Wie bei den anderen Anti-Zwangs­maß­nah­mendemos kamen die Teil­nehmer aus der Mitte der Gesellschaft. Irgendwelche Rechte waren auf der Schwa­nen­wiese nicht zu sehen. Ich habe sog­ar den Ein­druck, dass die Men­schen in Kas­sel noch stärk­er als bei anderen Demos eher aus dem linken Spek­trum der Gesellschaft kamen. Dies zeigte sich nicht nur am Habi­tus, son­dern auch an den vie­len Regen­bo­gen­flaggen. Dass es sich bei der Ver­anstal­tung um eine Nazi-Demo han­delte, ist angesichts der Red­ner und Teil­nehmer eine absurde Lüge der neolib­eralen Antifa.

Soundsys­tem für den Rave

Die Teil­nehmer der Freien Linken ver­sam­melten sich an mehreren Tre­ff­punk­ten. Unge­fähr dreißig Men­schen zogen dann zusam­men zur Schwa­nen­wiese. Wir hat­ten viele rote Fah­nen dabei. Die Res­o­nanz auf die Freie Linke war auss­chließlich pos­i­tiv. Wir wur­den von vie­len Leuten ange­sprochen und haben spon­tan einige neue Mit­stre­it­er gewon­nen. Offen­bar haben viele Men­schen auf eine maß­nah­menkri­tis­che linke Gruppe nur gewartet. Karel gab zahlre­iche Interviews.

Wir ver­ließen die Schwa­nen­wiese vor Ende der Ver­anstal­tung, um uns der Demon­stra­tion anzuschließen. Auf dem Weg zum Friedrich­splatz wur­den der Genosse Sven und die Genossin Stef­fi von mehreren wie aus dem Nichts auf­tauchen­den Faschos tätlich ange­grif­f­en. Sven erlitt leichte Ver­let­zun­gen. Das waren aber auch die einzi­gen Recht­en, die ich gese­hen habe.

  

Der Tag war für die Freie Linke ein großer Erfolg. Wir kon­nten uns zum ersten Mal als Gruppe erleben und haben unsere Ansicht­en unter vie­len Men­schen ver­bre­it­et. Beson­deren Dank gebührt Franzi und Toni für die rei­bungslose Organ­i­sa­tion, Karel für die Fah­nen und die zahlre­ichen Inter­views sowie Kial­li­tas, There­sia, Regine und Alex für das „Back­of­fice“.

Auch ins­ge­samt waren Kundge­bung und Demon­stra­tion ein großer Erfolg. Der 20. März zeigte, dass die bre­ite maß­nah­menkri­tis­che Bewe­gung trotz har­ter Repres­sion und Dif­famierung in den Main­streamme­di­en nicht totzukriegen ist. Sie ist hof­fentlich der Auf­takt ein­er ganzen Serie von Großdemon­stra­tio­nen. Allerd­ings hat sie das gesellschaftliche Kräftev­er­hält­nis noch nicht grundle­gend ändern kön­nen, auch wenn die Ini­tia­toren das mit ihrer Parole „Die Welt ste­ht auf!“ wohl gehofft haben.

Inter­es­sant war der Umstand, dass die Polizei eher auf Deeskala­tion set­zte und trotz mas­siv­er Präsenz nur an weni­gen Stellen befehls­gemäß gewalt­tätig gegen die Demon­stran­ten vorg­ing. Sie waren sichtlich bemüht, Gewalt so wenig wie möglich auszuüben. Es wurde die Ver­mu­tung geäußert, dass die Polizei nur an weni­gen Stellen für die bestell­ten Fernse­hbilder gegen die Demon­stran­ten vorging.

Es gab auch erste Fälle ein­er Ver­brüderung mit den Demon­stran­ten, etwa die Polizistin, die das Herzze­ichen machte, als eine Frau mit dem Schild „Schützt unsere Kinder“ vor­bei kam. Vielle­icht ist sie auch Mutter.

Das ist eine neue Entwick­lung und zeigt, dass offen­bar auch Polizis­ten vom jet­zt fünf­monati­gen Dauer­lock­down zer­mürbt sind. Man muss sehen, ob sich das ver­stetigt. Wenn ja, kann es bedeuten, dass sich das Regime sein­er Repres­sion­sor­gane nicht mehr völ­lig sich­er sein kann. Bekan­ntlich fing es in der Feb­ru­ar­rev­o­lu­tion 1917 in Rus­s­land auch mit solchen kleinen unschein­baren Gesten und ein­er Lockerung der sol­datis­chen Diszi­plin an. Nach ein­er Woche gin­gen die Trup­pen auf die Seite des Volkes über und die Romanow-Dynas­tie war gestürzt.