von Jan Veil

Aus­ge­hend von der Tat­sache, dass Krankheit­en lebens­bedrohlich und zugle­ich ansteck­end sein kön­nen, sind, je nach Aus­prä­gung der Mor­tal­ität und der Infek­tiosität, die einem Erreger zugeschrieben wer­den, im Extrem­fall auch die streng­sten Hygiene‑, Sicher­heits- und Quar­an­täne­maß­nah­men grund­sät­zlich dur­chaus vertret- und nachvol­lziehbar, um eine Bevölkerung so gut wie möglich zu schützen. Die Strenge der Maß­nah­men muss hier­bei in einem angemesse­nen Ver­hält­nis zur Beschaf­fen­heit des Erregers ste­hen. Daher kommt der Aus­sagekraft eines Ver­fahrens, das die Infek­tion, die daraus vielle­icht entste­hende Erkrankung – und damit ein­herge­hend die Infek­tiosität – ein­er Per­son fest­stellen soll, eine eigentlich noch größere Rel­e­vanz zu als der Anzahl der an dieser Krankheit (bere­its) Ver­stor­be­nen. Denn der Tod bedeutet zwar den schlimm­sten Aus­gang ein­er Infek­tion, doch durch ihn endet die Infek­tiosität auch, während ein Infiziert­er poten­ziell noch aber­dutzende weit­er­er Men­schen in Gefahr brin­gen kann.

Kom­men wir also zurück auf die Aus­sagekraft jenes Ver­fahrens zur Fest­stel­lung des Infek­tion­s­geschehens in der gegen­wär­ti­gen SARS-CoV-2-Krise, näm­lich die des PCR-Tests: Am 20.01.2021 veröf­fentlichte die WHO die soge­nan­nte „WHO Infor­ma­tion Notice for IVD (in vit­ro diag­no­sis) Users 2020/05“; darin heißt es, jew­eils in Auszü­gen (Über­set­zung: Verf.):

  1. 1. „Die Zyk­lus-Schwelle [cross­ing thresh­old = Ct], die [je Tes­tung; Anm. des Verf.] notwendig ist, um das Virus nachzuweisen, ver­hält sich umgekehrt pro­por­tion­al zur Viren­last des Patien­ten. Wenn Testre­sul­tate nicht dem klin­is­chen Erschei­n­ungs­bild [= der Symp­to­matik des Patien­ten; A.d.V.] entsprechen, sollte eine neue Probe genom­men und unter Ver­wen­dung der­sel­ben [= PCR-Test; A.d.V.] oder ein­er anderen Nuk­lein­säuretest-Tech­nolo­gie erneut getestet wer­den.“[1]

Nach bald einem Jahr „Infek­tion­s­geschehen“ sieht sich die WHO also endlich ver­an­lasst, auf die zen­trale Wichtigkeit der jew­eili­gen Ct-Werte bei PCR-Tes­tun­gen hinzuweisen. Zu genau diesem The­ma gab Michael Müller, Vor­sitzen­der des Berufsver­ban­des „Akkred­i­tierte Labore in der Medi­zin“, am 07.10.20 fol­gende Stel­lung­nahme u. a. im WDR ab – und zwar ganz offen­sichtlich stel­lvertre­tend für den gesamten bun­desre­pub­likanis­chen Umgang mit dieser Materie:

„ … Müller reagierte ablehnend auf die Forderung, die Labor­w­erte regelmäßig mitzuteilen. Der PCR-Test sei eben ein Test, der nur fest­stellen könne, ob jemand pos­i­tiv sei, aber nicht, wie stark pos­i­tiv jemand sei. … Wenn man den Gesund­heit­sämtern generell die Ct-Werte mit­teile, ‚gibt‘s auch das Risiko, dass die missver­standen wer­den kön­nen‘.“ [2]

Diese kön­nten – nach oben zitiert­er WHO-Infor­ma­tion – z.B. „missver­ste­hen“, dass sämtliche pos­i­tiv­en Testre­sul­tate mit einem Ct-Wert > 34 bzw. > 30 nach gängiger Lehrmei­n­ung [3] (zumin­d­est bis vor Pan­demie-Aus­bruch) auf­grund viel zu niedriger Viren­last fak­tisch kein­er­lei Infek­tion und schon gar keine Infek­tiosität mehr nach­weisen. Fach­leute wie Dr. Wodarg stell­ten genau das schon rel­a­tiv früh klar, wur­den deshalb jedoch heftigst ange­grif­f­en; angemessene offizielle Reha­bil­i­tierung: Fehlanzeige.

Gemäß WHO müsste nun jed­er pos­i­tiv getestete, aber symp­tom­freie „Patient“ – laut RKI min­destens 15% aller Test­pos­i­tiv­en – erneut getestet wer­den. Doch passiert das tat­säch­lich? Zudem liegt die Hos­pi­tal­isierten­quote momen­tan bei weit unter 10% der Test­pos­i­tiv­en, und selb­st von denen hat ein großer Anteil keine schw­eren Symp­tome (die soge­nan­nten oIBVV-Patien­ten: ohne Behand­lung mit Inten­sivmedi­zin oder Beat­mung, wed­er Verstor­bene noch Verlegte); der große Rest hat dem­nach nur leichte Symp­tome, und da nach wie vor mehr als frag­würdig ist, ob der nach den Koch‘schen Pos­tu­lat­en nie vali­dierte PCR-Test nur SARS-CoV-2-Erreger und nicht etwa auch weit­ere der zahlre­ichen Coro­na-Vari­anten detek­tiert, ste­ht darüber hin­aus bre­it­beinig die Frage im Raum, ob bere­its leichte und in der Regel zudem unspez­i­fis­che Symp­tome über­haupt ein angemessen­er Grund dafür sein kön­nen, Men­schen in Quar­an­täne zu zwin­gen etc.

Solange völ­lig im Dunkeln liegt, wieviel Prozent der gegen­wär­tig alles entschei­den­den PCR-Tests mit pos­i­tivem Ergeb­nis einen Ct-Wert von > 34 oder gar > 30 aufweisen – um damit über­haupt erst pos­i­tiv zu wer­den –, solange ist allen Grun­drecht­sein­schränkun­gen, ja sämtlichen wesentlichen Coro­na-Maß­nah­men, wenn nicht die juris­tis­che, so doch zumin­d­est die gesund­heit­spoli­tisch angemessene und damit die ethis­che Grund­lage fak­tisch ent­zo­gen.

Fern­er ist die Empfehlung der WHO, eben­falls die 2. Tes­tung könne, wenn auch nicht auss­chließlich, mit einem PCR-Test durchge­führt wer­den, äußerst zweifel­haft, ger­ade so, als wolle sie das gängige Nar­ra­tiv doch noch irgend­wie scho­nen: Denn warum sollte man die Anwen­dung des gle­ichen Testver­fahrens, das seit bald einem Jahr weit­ge­hend invalide Ergeb­nisse zeit­igt, ein 2. Mal nahele­gen, anstatt schlicht zu ver­fü­gen, sämtliche Tes­tun­gen auf einen Ct-Wert von höch­stens 34 oder gar 30 zu begrenzen?

2. „Die WHO erin­nert Nutzer von diag­nos­tisch-medi­zinis­chem Gerät für Unter­suchun­gen außer­halb des Kör­pers [= im Reagen­z­glas; A.d.V.] („IVD-Users“: In Vit­ro Diag­nos­tic Med­ical Device Users) daran, dass die Häu­figkeit ein­er Krankheit den Vorher­sagew­ert der Testre­sul­tate verän­dert: Nimmt erstere ab, nimmt das Risiko falsch pos­i­tiv­er Resul­tate zu. D.h, die Wahrschein­lichkeit, dass eine Per­son mit einem pos­i­tiv­en Ergeb­nis (SARS-CoV­‑2 nachgewiesen [laut Test; A.d.V.]) wirk­lich mit SARS-CoV­‑2 infiziert ist, nimmt mit abnehmender Krankheit­shäu­figkeit eben­falls ab, unab­hängig von der behaupteten Spez­i­fität [des ver­wen­de­ten PCR-Tests; A.d.V.].“ 1

Auch dieser Zusam­men­hang ist uns „Ver­schwörungs­the­o­retik­ern“ schon seit min­destens Mitte 2020 bekan­nt – und das ganz ohne Studi­um: Bere­its in meinem Text „Exem­plar­ische Berech­nun­gen neg­a­tiv­er und pos­i­tiv­er Vorher­sagew­erte …“ [4] ist er math­e­ma­tisch bzw. sta­tis­tisch ein­deutig dargelegt, ganz abge­se­hen von den Aus­führun­gen Samuel Eck­erts u.a.

Doch bleibt die WHO auch hier selt­sam indif­fer­ent: Sie benen­nt zwar den (von der Poli­tik kün­ftig nicht mehr überge­hbaren) rezipro­ken Zusam­men­hang zwis­chen Infek­tion­srate und falsch-pos­i­tiv­en Resul­tat­en, führt jedoch nicht aus, dass bere­its bei ein­er Infek­tion­srate von „nur noch“ 4%, ein­er Sen­si­tiv­ität von 99% sowie ein­er Spez­i­fität von 96% [5] der pos­i­tive Vorher­sagew­ert, der die Wahrschein­lichkeit angibt, mit der ein pos­i­tiv Getesteter auch tat­säch­lich infiziert ist, lediglich bei 50% liegt: Jed­er zweite pos­i­tiv Getestete wäre hier also „falsch pos­i­tiv“, erhielte dem­nach eine falsche Diag­nose, müsste aber den­noch in Quar­an­täne etc. So wird aus einem gesun­den Bevölkerungsan­teil ein „erkrank­ter“ gemacht. Wohlge­merkt: Diese Schwäche des PCR-Tests beste­ht völ­lig unab­hängig von der unter Punkt 1 erk­lärten Prob­lematik der Ct-Werte!

  1. „Hand­lungsan­weisun­gen für IVD-Nutzer:
  2. Bitte lesen Sie sorgfältig die Gebrauch­san­weisung („IFU“: Instruc­tion for Use) in ihrer Gesamtheit.
  3. Kon­tak­tieren Sie ihren lokalen Vertreter [gemeint wohl: Test-Liefer­an­ten; A.d.V.], falls Ihnen irgen­dein Aspekt der IFU unklar sein sollte.
  4. Prüfen Sie jede ein­tr­e­f­fende Liefer­ung auf etwaige Änderun­gen in der IFU.
  5. Führen Sie den Ct-Wert im Bericht an den anfordern­den Gesund­heits­di­en­stleis­ter [= in der BRD: das zuständi­ge Gesund­heit­samt; A.d.V.] auf.“ 1

Auch diese Anweisung lässt tief blick­en: Ori­en­tiert man sich an den Hin­weisen 1 bis 3, kön­nte als Hin­weis 4 dort eben­so ste­hen: „Wis­chen Sie sich nach dem Scheißen gründlich den Arsch ab und waschen Sie sich anschließend unter fließend Wass­er die Hände für min­destens zwei Minuten, um etwaig verbliebene Kotreste rest­los zu ent­fer­nen und so Kon­t­a­m­i­na­tion mit gefährlichen Darm­bak­te­rien zu vermeiden.“

Es scheint, als dränge sich der WHO nach vie­len Jahren weltweit­er Koop­er­a­tion mit Laboren, Kliniken, Ärzten und Gesund­heit­sämtern der Ver­dacht auf, es mit aus­gemacht­en Voll­trot­teln zu tun zu haben (wie dies Prof. Drostens Bemerkung während der Bun­de­spressekon­ferenz am 22.01. zu dem „nicht ganz so hohen Aus­bil­dungs­stand“ bei manchem aus­ländis­chen „Labor­per­son­al“ unter­stre­icht – dabei die anderen, wesentlichen Punk­te in der „Infor­ma­tion Notice“ schlicht ignori­erend [6]), denen Selb­stver­ständlichkeit­en dann doch nochmal haarklein auseinan­derge­set­zt wer­den müssen.

Ver­hält es sich wirk­lich so? Liegt nicht viel näher, dass hier­mit der Skan­dal der tabuisierten Ct-Werte auf die ver­meintliche Unfähigkeit des „ein­fachen“ Fach­per­son­als abgewälzt wer­den soll, um die wahre Ursache dieser nun­mehr völ­lig durch­sichti­gen Ver­schleierungs-Prax­is aber­mals zu ver­tuschen? Dass wir näm­lich mit ein­er zutief­st anti-trans­par­enten, anti-demokratis­chen und bewusst Angst erzeu­gen­den Poli­tik­führung kon­fron­tiert sind, die unter dem Denkman­tel der Gesund­heitsvor­sorge, des „Recht(s) auf Leben“ (GG Art. 2 Abs. 2) und eines schein­bar ratio­nalen Vorge­hens darauf abzielt, spätestens seit April 2020 sämtliche im Gesund­heitswe­sen Beschäftigte einzuschüchtern und damit auf die „Lesart“ der paar Gestal­ten an der Spitze einzuschwören. Und dies bei gle­ichzeit­iger Durch­set­zung mehr oder weniger rabi­ater Aus­gren­zun­gen, Dif­famierun­gen und Sus­pendierun­gen Ander­s­denk­ender wie aktuell im Falle des straf­ver­set­zten, zuvor unauf­fäl­lig gebliebe­nen, also mit­nicht­en quer­denk­enden Gesund­heit­samtschefs Dr. Pürn­er aus Aichach-Fried­berg. [7]

Nur und aus­gerech­net beim let­zten Hin­weis 4 wird es plöt­zlich inter­es­sant: Dem­nach gälte – auch in dieser unser­er Repub­lik – for­t­an eigentlich, dass den Gesund­heit­sämtern die Ct-Werte zu jedem einzel­nen Testergeb­nis stets mitzuliefern sind. Doch wird das auch umge­set­zt? Bericht­en die Tages­the­men über diese neue Vorschrift dergestalt, dass daran nie­mand mehr vorbeikommt?

Generell gefragt – und einge­denk der Tat­sache, dass die gesund­heits­fach­lichen Ein­schätzun­gen der WHO laut § 5 Abs. 1 IfSG im Wege ein­er Art von dynamisch-geset­zlich­er Weit­er­ver­weisung zu einem Bestandteil der deutschen Recht­sor­d­nung gemacht wor­den sind, auf die die meis­ten, wenig­stens die lautesten Regierun­gen dieser Welt sich zu berufen nicht müde wer­den: Wäre es nicht zwin­gend logisch, dass diese „WHO Infor­ma­tion Notice“ zu ein­er ein­schnei­den­den Verän­derung hin­sichtlich jen­er Bedeu­tung führen müsste, die der Aus­sagekraft des PCR-Tests beigemessen wird? Ger­ade von­seit­en des RKI, des BMG sowie der Bun­desregierung? Müsste eine „Neuein­schätzung“ von solch zen­traler Rel­e­vanz, selb­st in der­art indi­rekt-hal­b­gar vorge­brachter und daher let­ztlich fahrläs­siger, weil unvoll­ständi­ger Form, nicht in sämtlichen Qual­itätsme­di­en rauf und runter dek­lin­iert wer­den und sich somit in der öffentlichen bzw. veröf­fentlicht­en Mei­n­ungs­bil­dung widerspiegeln?

Mit welchen Erk­lärungsan­sätzen Sie diese Lücke, bess­er, diesen Abgrund füllen (wer­den), der hier klafft, ist zunächst ein­mal zweitrangig: Von absoluter Wichtigkeit hinge­gen ist, dass Sie diesen Abgrund, neben den mit­tler­weile unzäh­li­gen anderen „Unstim­migkeit­en“ in der SARS-CoV-2-Erzäh­lung, über­haupt erst ein­mal wahrnehmen – und darüber kom­mu­nizieren, wo und wann auch immer Ihnen dies vertret­bar erscheint. Auch wenn das einen gewis­sen Schwindel erzeu­gen sollte.

Nie­mand hat behauptet, der Weg zur Wahrheit sei ein leichter.


[1] https://www.who.int/news/item/20–01-2021-who-information-notice-for-ivd-users-2020–05

[2] https://presse.wdr.de/plounge/wdr/programm/2020/10/20201007_corona-tests-gesundheitsaemter.html

[3] https://www.apotheken-umschau.de/Coronavirus/Ist-man-mit-positivem-Coronatest-in-jedem-Fall-ansteckend-561373.html → Zwis­chenüber­schrift: Was sagt der soge­nan­nte Ct-Wert beim PCR-Test aus?

[4] https://mainfrankfurtverbindet.de/2020/09/exemplarische-berechnungen-pcr-tests/

[5] https://correctiv.org/faktencheck/medizin-und-gesundheit/2020/04/07/coronavirus-nein-aktuelle-pcr-tests-haben-keine-fehlerquote-von-30-bis-50-prozent

[6] https://www.youtube.com/watch?v=gkc5opq3nv0

[7] https://www.youtube.com/watch?v=V1OEIHYnNtg